Ahnengalerie

Wer gehört alles zur Familie? Nun, da ist zum Beispiel…

Im Bereich der Queer Culture gibt es ein ganzes Feld, das sich mit der Queerness historischer Personen widmet. Hinter diesem Interesse stehen vielerlei Gründe, z. B. die „Sehn-Sucht“ nach Vorbildern und Lebensentwürfen, die uns heute inspirieren können. Verknüpft ist oft aber auch ein Gedanke der Legitimation („Das hat es schon immer und überall gegeben!“) gegenüber sich selbst, aber auch in Richtung unserer Gesellschaft.
Dieser erlebte Rechtfertigungsdruck wird hier mit einem beherzten Griff in die Versatzstücke-Kiste unserer Vergangenheit konterkariert. So entstehen neben ‚Artefakten’ nicht nur neue Narrative – gleichzeitig wird damit auch deutlich, wie viele Geschichten entweder nicht erzählt wurden oder aufgrund von Repressalien zu ihrer Zeit gar nicht stattfinden konnten. Diese Verluste haben Auswirkungen auf unser Heute, da sie so auch nicht im Kanon der Literatur oder Film reproduziert werden und damit Teil des kollektiven Gedächtnisses sind. Ganz im Gegenteil: Stichwort heterowashing.
Ein ähnliches Anliegen vertritt mit sehr viel größerem Budget z. B. Tarantino mit seiner Neukontextualisierung historischer Umstände („Inglorious Bastards“, „Django Unchained“). Der an sich fragwürdigen Fake-Version liegt dabei auch eine nachträgliche Heilungsabsicht zugrunde – wessen Wiedergutmachung oder Scham bleibt allerdings zu diskutieren (> Zielgruppen). Wie könnten solche Biografien aussehen? Das Ganze natürlich noch je nach Filmgenre ausschmücken!

Farkas Tibor mit Falke, 06/2015
Farkas Tibor mit Falke, 06/2015

Farkas Tibor. Der aus dem Haus Odescalchi stammende Baron wurde 1854 aus dem berittenen Regiment zum persönlichen Kammerherrn des ungarischen Königs Ferdinand des Ersten berufen. In den Chroniken der Habsburger tauchen keine näheren Angaben für diese Wahl auf, sie erwies sich aber als eine glückliche, da Farkas Tibor diese Vertrauensstellung mit größter Loyalität bekleidete. Das Portrait zeigt ihn mit dem verzierten Falknerhandschuh (einem Geschenk des Königs) dessen Pendant dieser selbst auf ihren Beizausritten trug. Beim mit abgebildeten Falken (der auch als Symbol des Mutes zu sehen ist) dürfte es sich um Vary handeln, das Lieblingstier Farkas‘. (Sein präparierter Balg befindet sich heute in der historischen Sammlung Kőröstetétlen). Die Königskerze (Verbascum, ein Lippenblütler) dagegen ist in Fachkreisen noch nicht endgültig diskutiert.

Original Collage aus Pappe und verschiedenen, teilweise bemalten Papieren. Größe: ca. 34,4 x 52 cm.


Sir Philip Sidney, 04/2015
Sir Philip Sidney, 04/2015

Sir Philip Sidney. Im Allgemeinen wird angenommen, dass der englische Schriftsteller und Soldat 1586 in der Schlacht bei Zutphen fiel. Dieses Gemälde (datiert 1593) belegt jedoch eine andere Geschichte: Historiker fanden heraus, dass Sir Philip schwer verwundet auf ein Segelschiff gebracht werden konnte, auf dem er in die Kolonien floh. Nach seiner Genesung gab er die romantische Prosa auf und widmete sich der Erforschung und Systematisierung der Tier- und Pflanzenarten seiner neuen Heimat. Im Medaillon links ist Sir Philip zu erkennen. Wer sein darauf abgebildeter Begleiter ist, ist leider nicht überliefert.

Original Collage aus Pappe und verschiedenen, teilweise bemalten Papieren. Größe: ca. 35 x 50 cm.